Vor 50 Jahren: Manglitz hält im Spitzenspiel gegen Köln fast alles

Das Wedau-Stadion platzte am 14. März 1964 aus allen Nähten und sogar Bundestrainer Sepp Herberger lobte die Zebras. Der MSV empfing als ambitionierter Verfolger den Bundesliga-Spitzenreiter 1. FC Köln und konnte vor 50 Jahren sogar vom Titel träumen. Zugetraut hatte das den Duisburgern im Vorfeld nur der Trainer.

Um die Vertragsverhandlungen zwischen dem damaligen MSV-Vorsitzenden Dr. Walter Schmidt und dem noch gänzlich unbekannten Coach Rudi Gutendorf ranken sich viele fantastische Legenden. Als verbürgt gilt allerdings, dass der Kontrakt, der in der Gaststätte "Zum Marienbildchen" beschlossen wurde, mangels Papier zunächst auf eine Speisekarte gekritzelt wurde. Hier ließ sich Gutendorf auch den Prämienzusatz vermerken. 100.000 Mark für den Titel sollte er bekommen, für den zweiten Platz und somit die Vize-Meisterschaft wurden 30.000 Mark vereinbart. Walter Schmidt soll schon über die Forderung solcher Prämien verdutzt gewesen sein. Schließlich hatten sich die Meidericher nur sehr knapp für die neue Bundesliga qualifiziert und wurden eher als Abstiegskandidat gehandelt.

Doch Gutendorf und seine Zebras überraschten alle. Mit dem vom Coach verordneten Riegel-System, der aus der Verteidigung überfallartige Angriffe über die Außenbahnen vorsah, spielte sich das Team um Kapitän Günter Preuß weit nach vorne ins obere Tabellendrittel. Lange wurde der MSV von der Konkurrenz nicht wirklich wahrgenommen, doch spätestens im März 1964 schaute ganz Fußball-Deutschland nach Duisburg. Der Spitzenreiter 1. FC Köln musste im Wedau-Stadion antreten. Der MSV war Tabellenzweiter und hätte den Rückstand zu den Kölner auf drei Punkte verkürzen können.

Optimisten träumten am 14. März 1964 sogar vom Titel, als die Jungs von "Riegel-Rudi" im Match gegen Köln zunächst mehr als ebenbürtig waren, sogar dominierten und schnell mit 2:0. führten. Zuerst wurde ein Kunstschuss von Werner "Eia" Krämer aus 28 Metern abgefälscht und landete im Kölner Tor (3.). Kurz darauf schoss der "Boss" Helmut Rahn knapp übers Tor. Der MSV fuhr weitere verheißungsvolle Angriffsattacken und ließ den Tabellenführer kaum zur Entfaltung kommen. In der 17. Minute unterlief Kölns Leo Wilden ein Handspiel, als Krämer eine scharfe Flanke vor das FC-Tor zog. "Lulu" Nolden täuschte Ewert beim Elfer und der Verfolger führte 2:0.

44.000 Zuschauer (!!!) verfolgten das Spitzenspiel. Die Fans saßen teilweise auf den Bäumen, die Haupttribüne des Wedau-Stadions, das aus allen Nähten platzte, war gerade fertiggestellt. Unter den Zuschauern befand sich auch Bundestrainer Sepp Herberger, der vom MSV beeindruckt war. "Ich habe den Eindruck gewonnen, dass Rudi Gutendorfs System gut ist", sagte der "Chef", der neben Krämer insbesondere Meiderichs Keeper Manfred Manglitz lobte: "Bei den Kölnern gefiel mir Overath sehr gut, bei Meiderich Torwart Manglitz, der sich allerdings noch einige Leichtfertigkeiten abgewöhnen muss", wurde Herberger im damaligen Fachblatt "Sportkurier" zitiert.

Tatsächlich zeigte Manglitz eine überragende Partie und hielt Kölner Chancen im ganzen Dutzend. Die Schüsse von Hans Sturm und Wolfgang Weber für Köln zum 2:2-Ausgleich nach der Pause waren allerdings auch für Manglitz, der sogar noch einen Elfmeter parierte, unhaltbar. Weitere Tore fielen nicht mehr. "Vor der Pause waren wir besser. Später hielt sich meine Mannschaft leider nicht mehr an meine Weisung, den gleichen Stil zu spielen, so dass Köln stark aufkam und das 2:2 für uns sogar glücklich war", rekapitulierte Gutendorf nach dem Abpfiff. Leider verletzte sich "Eia" Krämer in dem Match und fiel für den weiteren Saisonverlauf aus.

Die Kölner konnten zufrieden sein, hatten sie doch den Abstand auf ihren ärgsten Verfolger stabilisiert und sich eine gewisse Vorentscheidung auf die Meisterschaft erarbeitet. Obwohl mit Krämer der zuvor überragende Feldspieler in den folgenden Wochen fehlte, wurde der zweite Tabellenplatz verteidigt. Und nach dem 3:0 zum Saisonabschluss gegen Kaiserslautern staunte der neue MSV-Präsident Wilhelm Tiefenbach, der Schmidt abgelöst hatte, nicht schlecht, als ihm von Rudi Gutendorf plötzlich eine Speisekarte zur Abrechnung vorgelegt wurde. Die hatte der Trainer vorsorglich aufgehoben, denn auf die 30.000 "Mäuse" für die Vize-Meisterschaft wollte "Riegel-Rudi" schließlich nicht verzichten.

14. März 1964:
MSV Duisburg – 1. FC Köln 2:2 (2:0)
MSV: Manglitz - Heidemann, Sabath, Müller, Preuß, Lotz, Nolden, Cichy, Krämer, Rahn, Versteeg
Köln: Ewert - Pott, Regh, Benthaus, Wilden, Sturm, Thielen, Hemmersbach, Schäfer, Weber, Overath
Tore: 1:0 Krämer (3.), 2:0 Nolden (17.), 2:1 Sturm (62.), 2:2 Weber (68.)

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